Heute geht es um das unberechtigte Parken auf privaten Parkplätzen. Jeder kennt die Situation mittlerweile, nachdem nicht nur in Großstädten, sondern auch in deren Umfeld private Parkplätze von Supermärkten oder Einkaufszentren meistens an einen externen Betreiber vermietet werden und dieser dann die Berechtigung zum dortigen Parken überwacht.
Meist wird die Parkzeit durch das Auslegen einer Parkscheibe begrenzt und ist nur für Kunden der jeweiligen Geschäfte zulässig.
Genau mit dieser Problematik hat sich jetzt der BGH in der nachfolgenden Entscheidung (Urt. v. 18.12.2019, Az. XII ZR 13/19) befassen müssen.
Der zu Grunde liegende Fall stellt sich wie folgt dar: Ein Fahrzeug parkte insgesamt dreimal falsch auf den privaten Parkplätzen zweier Krankenhäuser, wobei es einmal über das vorgegebene Zeitlimit hinaus und zweimal auf für Mitarbeiter reservierten Parkplätzen stand. Der private Parkplatzbetreiber erhebt für den Fall des unberechtigten Parkens eine erhöhte Parkgebühr von 30,00 €. Hierauf wird auf Schildern im gesamten Gelände des Parkplatzes hingewiesen. Der private Betreiber ermittelte dann über das Kennzeichen des Fahrzeuges dessen Halterin und machte bei dieser die erhöhte Parkgebühr (Strafgebühren) nebst Kosten für die Halterermittlung und Inkassogebühren geltend. Insgesamt ging es hier um ca. 215,00 €.
Die Halterin ihrerseits bestritt, das Fahrzeug an den betreffenden Tagen dort abgestellt zu haben, erklärte sich aber nicht dazu, wer das Fahrzeug denn an diesen Tagen geführt habe.
In den Vorinstanzen bekam die Halterin noch recht, da diese (zuletzt das Landgericht Arnsberg) davon ausgingen, dass durchaus auch der Ehemann oder ein sonstiges Familienmitglied mit dem Fahrzeug gefahren sein könnten und die Halterin nicht verpflichtet sei, dieses mitzuteilen. Vielmehr sei der private Parkplatzbetreiber in der Pflicht, den vermeintlichen Parksünder auf frischer Tat zu ertappen, beispielsweise durch die Einstellung von Parkplatzwächter, Videokameras oder ähnlichem.
Anders sieht die Situation allerdings nun der betreffende 12. Zivilsenat des BGH, der zwar nicht von einem Anscheinsbeweis ausgeht, allerdings hier eine „so genannte sekundäre Beweislast“ annimmt. Dies bedeutet, dass der BGH der betreffenden Halterin nicht die Möglichkeit zugesteht, das behauptete Verhalten mit „einfachem Nichtwissen“ zu bestreiten. Folglich kann die Halterin sich nicht einfach darauf berufen, dass sie jedenfalls nicht gefahren sei, und keine Angaben dazu machen, wer denn stattdessen mit dem Fahrzeug unterwegs gewesen ist.
Grundsätzlich ist derjenige, der einen Anspruch geltend macht, auch für das Vorliegen aller Voraussetzungen beweisbelastet. Der Parkplatzbetreiber müsste also unter Beweis stellen, dass die betreffende Halterin auch selbst tatsächlich das Fahrzeug widerrechtlich auf den Parkplätzen abgestellt hat. Hier sagt allerdings der BGH, dass der Aufwand, den der Parkplatzbetreiber auf sich nehmen müsse, um einen solchen Beweis führen zu können unverhältnismäßig hoch sei und er faktisch keine Möglichkeit hätte, die Personalien des betreffenden Fahrers festzustellen. Denn die Idee der Vorinstanzen, z.B. durch die Einstellung eines Parkplatzwächters den Parkplatzsünder auf frischer Tat zu ertappen, scheitere ja schon daran, dass diese Wächter ja über keine Legitimation zur Personalienfeststellung verfügten.
Die Halterin hingegen müsse grundsätzlich wissen, wem sie an den betreffenden Tagen das Fahrzeug zur Verfügung gestellt habe. Daher treffe sie eben hier, im Gegensatz zur üblichen Beweislastverteilung, die „sekundäre Beweislast“, was bedeutet, dass sie zwar bestreiten kann, das Fahrzeug an den betreffenden Tagen selbst geführt zu haben, aber dieses Bestreiten substantiiert sein muss. Die Substantiierung würde darin bestehen, dass Sie den tatsächlichen Fahrer benennt.
Mit diesen Vorgaben wurde das Verfahren an die Vorinstanz zurückverwiesen, damit dort dann die Beklagte zunächst Gelegenheit bekommt, ein substantiiertes Bestreiten vorzunehmen.
In diesem Zuge hat der BGH auch ganz nebenbei das dort geltend gemachte “erhöhte Parkplatzentgelt“ als angemessen erachtet. Der BGH sieht im Rahmen dieser Rechtsprechung offensichtlich den Wert privat geschaffenen Parkraums in der heutigen Zeit als hoch an und stärkt damit die Rechte der privaten Parkplatzeigentümer.
Eine auf den ersten Blick aus meiner Sicht durchaus verständliche Wertung, die allerdings dadurch in Schieflage gerät, dass die meisten dieser private Parkplätze eben nicht von den jeweiligen Eigentümern (Inhaber der Geschäfte etc.) für ihre Kunden vorgehalten werden, sondern in geschäftsträchtigen Modellen an externe private Parkplatzbetreiber untervermietet werden. Diese verlangen dann erste die exorbitanten Strafgebühren, die weit über dem liegen, was ein Parksünder auf einem öffentlich-rechtlichen Parkplatz an Gebühren zuzüglich des Ordnungsgeldes für einen Parkplatz-Verstoß zu zahlen hätte oder auch deutlich über dem liegen, was an Parkgebühren selbst in teuren Parkhäusern mitten in der Großstadt berechnet wird. Allein der Umstand, dass hier eine Untervermietung an private Parkplatzbetreiber stattfindet, legt ja schon nahe, dass es hier nicht vorrangig um die Zurverfügungstellung von Parkraum für Kunden geht, sondern eher um die Abschöpfung von Strafgebühren, denn nur hierüber kann sich der private Parkplatzbetreiber finanzieren. Eine zweifellos bedenkenswerte Entwicklung!
Wer also zukünftig auf überwachten Privatparkplätzen parkt, ohne hierzu gemäß der jeweiligen Parkplatzordnung berechtigt zu sein, sollte sich im Zweifelsfall auf erhebliche Strafkosten einrichten!
Unter dem nachfolgenden Link finden Sie eine ausführliche Presseberichterstattung zu dem Urteil. Sobald dieses veröffentlicht wurde, werde ich Sie hier mit einem weiteren Link darüber informieren.